Lokführer lehnen Schlichtungsangebot der Bahn ab

6. November 2014
Pressespiegel

VON KATHRIN ALDENHOFF
UND NORBERT PFEIFER
Berlin·Bremen. Trotz deutlich wachsender Kritik aus Politik, Wirtschaft und auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) haben die Lokführer bei der Deutschen Bahn ihren bislang längsten Streik begonnen. Zuerst war gestern Nachmittag der Güterverkehr betroffen. Ab heute Morgen um 2 Uhr wollten die Lokführer auch den Personenverkehr bestreiken. Der Ausstand soll bis Montag früh um 4 Uhr dauern.
Die Bahn versuchte gestern noch wenige Stunden vor Streikbeginn, die Arbeitnehmerseite zu einer Schlichtung in dem Tarifkonflikt zu bewegen – vergeblich: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lehnte ein solches Verfahren ab und sprach von einem „Scheinangebot“. Doch auch aus der Politik wird der Druck stärker. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) verlangte einen „Schlichter oder Vermittler“ und „Verantwortungsbewusstsein auf allen Seiten für unser Land“. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, die schnelle Einsetzung eines Schlichters sei notwendig. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte das Unternehmen auf, vor Gericht zu ziehen. „Eine Klage wegen Unverhältnismäßigkeit des Streiks ist im Interesse der Bahnkunden, der Beschäftigten und der Aufrechterhaltung der Güterversorgung in Deutschland geboten.“
In dem Tarifstreit geht es nicht nur um mehr Geld für die Beschäftigten. Die GDL will auch für das gesamte Zugpersonal verhandeln, nicht nur für die Lokführer; die Bahn wiederum will konkurrierende Tarifverträge innerhalb einer Berufsgruppe vermeiden. Am Sonntag war eine Gesprächsrunde gescheitert – laut Bahn kurz vor der Unterzeichnung eines Tarifvertrags für Verfahrensfragen, der die Spielregeln zwischen GDL, der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Bahn festlegen sollte.
Auch Politiker und Gewerkschafter aus Bremen und der Region kritisieren zunehmend den Streik. Annette Düring, DGB-Chefin in der Region Bremen-Elbe-Weser, sagte, der Arbeitskampf sei dann „vollkommen berechtigt“, wenn die Lokführer höhere Löhne durchsetzen wollten. Aber da es auch „um Machtpolitik geht, ist er Bogen überspannt“. Wenn die GDL nicht nur für Lokführer, sondern etwa auch für Zugbegleiter ein Mandat haben wolle, dann könne diese Auseinandersetzung nicht durch Tarifverhandlungen gelöst werden. Die Chefs von GDL und EVG müssten „sich an einen Tisch setzen und einen Kompromiss finden“. Ähnlich äußerte sich DGB-Chef Reiner Hoffmann: „Wir setzen uns dafür ein, gemeinsam im Rahmen einer Tarifgemeinschaft zu vernünftigen Lösungen zu kommen.“ Generell hält Düring wenig von einem Schlichter in Tarifstreitigkeiten, weil sich Arbeitgeber und Gewerkschaften schon selber einigen müssten. Aber die Situation sei derzeit so verfahren, „dass dies vielleicht eine Lösung sein kann“.
Andreas Mattfeldt, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Langwedel (Kreis Verden), sagte, er habe kein Verständnis mehr für die Streiks der GDL. Die Forderungen seien egoistisch, der Gewerkschaft gehe es eher um Profilierung als um mehr Geld. „Für Profilierungssucht ist das Streikrecht aber nicht da.“ Herbert Behrens (Die Linke), Abgeordneter aus Osterholz-Scharmbeck und Mitglied im Bundestagsverkehrsausschuss, verteidigte dagegen die Lokführer: „Wir müssen als Bürger Verständnis dafür haben“. Das Streikrecht sei eines der kostbarsten Rechte, die es gebe.Kommentar Seite 2·Thema Seite 3


Der Achimer Bahnhof vor Beginn des Ausstands. Der Streik soll bis Montag dauern. FOTO: B. HAKE
 Weser Kurier vom 6.11.2014