Von „neuer Realpolitik“ zum „Trauerspiel“
Schwerer tat sich der Bremer CDU-Abgeordnete Thomas Röwekamp: „Ich warte noch die Debatte ab“, sagte der Direktkandidat seiner Partei für den Wahlkreis Bremen I vor der Abstimmung. „Für mich wird wichtig sein, wie die Abgrenzung zur AfD inhaltlich erfolgt. Darum hatte ich in der Fraktion gebeten. Wenn die eindeutig ist, werde ich zustimmen.“ Am Ende reichte die Distanzierung für Röwekamps Zustimmung aus.
Auch der Bremer FDP-Abgeordnete Volker Redder stimmte den Entschließungsanträgen der Union zu. Nicht mitgehen wollte der Abgeordnete wie seine Fraktion bei der Mindestspeicherung von Internetdaten für die Dauer von drei Monaten. „Wir brauchen eine neue Realpolitik in der Migration. Konkret bedeutet das: Die Einwanderung qualifizierter und fleißiger Menschen in den Arbeitsmarkt muss leichter werden. Aber die große Zahl irregulärer Migranten in Deutschland muss sinken, weil sie nicht nur eine Belastung für Sozialstaat, Schulen und Kommunen darstellt, sondern auch zunehmend unsere innere Sicherheit bedroht“, erklärte sein Achimer FDP-Kollege Gero Hocker. „Dem Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion für sichere Grenzen und ein Ende der illegalen Migration stimme ich deshalb zu.“
Hier gehe es um eine politische Richtungsbestimmung für die Migrationspolitik. „Der Geist des Antrages entspricht dem, was wir als FDP-Fraktion unter einer neuen Realpolitik in der Migration verstehen. Den Entschließungsantrag der CDU/CSU zur inneren Sicherheit lehne ich ab. Es ist mit einer Partei der Bürgerrechte und des Rechtsstaates nicht zu machen, pauschal in die Grundrechte von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern einzugreifen, ohne dass der Nutzen erkennbar wäre“, so Hocker.
Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Sarah Ryglewski (SPD), weist darauf hin, dass es bei den Fragen, um die es der Union gehe, „Lösungsmöglichkeiten gemeinsam mit den demokratischen Parteien“ gegeben hätte. Beispielsweise bei der nationalen Umsetzung des gemeinsamen europäischen Asylrechts (GEAS), das derzeit im Bundestag von der Union blockiert werde. “Mit GEAS könnten zum Beispiel Asylverfahren deutlich beschleunigt und Asylsuchende schneller registriert und innerhalb der Europäischen Union umverteilt werden.“ Ein Gesprächsangebot der Union habe es aber nie gegeben, so die scheidende Bremer Abgeordnete.
„Das Abstimmungsergebnis hat heute gezeigt, was man vom Wort des CDU-Vorsitzenden zu halten hat“, erklärte der Bundestagsabgeordnete für Bremen-Nord und Bremerhaven, Uwe Schmidt (SPD), der von einem „Trauerspiel“ sprach. „Wir haben heute gesehen, dass Merz im Ernstfall nicht zögern wird, sich von Alice Weidel zum Kanzler wählen zu lassen“, warnte Schmidt vor einer möglichen schwarz-blauen Koalition nach der Bundestagswahl.
„Friedrich Merz hat heute eine Mehrheit mit der AfD im Bundestag gebildet und damit die Vereinbarung der demokratischen Fraktionen gebrochen, nicht gemeinsame Sache mit den Nazis zu machen. Dieser Tabubruch markiert eine Zäsur für unsere demokratische Ordnung“, sagte Kirsten Kappert-Gonther (Grüne). Nach diesem Tabubruch habe die CDU, aber auch die FDP an Glaubwürdigkeit verloren. Der Gesetzentwurf, den die Fraktion der CDU/CSU am Freitag zur Abstimmung stellen will, trage ebenfalls nicht zur Sicherheit bei. Im Gegenteil, er wolle den Familiennachzug einschränken und werde sicher nicht dazu führen, dass sich weniger Männer radikalisieren und Gewalttaten begehen würden.
Weser-Kurier vom 30.01.2025