Mattfeldt bei Podiumsdiskussion im Kasch
Was erhöht Chancen für alle?
Lebhafte Podiumsdiskussion mit Kandidaten im Kasch
Neben den zahlreich gekommenen Menschen mit Beeinträchtigungen und weiteren Interessierten hieß Stefan Bachmann, Leiter des Parzival-Hofs in Quelkhorn, die politischen Talkgäste auf der Bühne willkommen. Am Podium saßen Andreas Mattfeldt (CDU), Özge Kadah (SPD), Lena Gumnior (Bündnis 90/Die Grünen), Gero Hocker (FDP) und Herbert Behrens (Linke), die erneut oder erstmals in den Bundestag einziehen wollen.
Die von der Folkgruppe Plattgold aus Narthauen musikalisch umrahmte Veranstaltung dient laut Bachmann dazu, „Teilhabe an politischen Wahlen zu fördern und zu ermöglichen“. Und deshalb bemühten sich die Kandidatinnen und Kandidaten bei ihren Statements auch erkennbar um einfache Sprache.
„Die Grünen setzen sich für gleiche Rechte von allen Menschen ein.“, antwortete Gumnior auf eine entsprechende Frage des Moderatorenduos Jan Hogrefe (Parzival-Hof) und Theresia von Friderici (Lebenshilfe). Dazu gehöre auch eine gemeinsame Beschulung. „Barrieren wie Stufen oder schwere Sprache sollten abgebaut werden“, sagte sie.
SPD-Kandidatin Kadah unterstrich das. Die Teilhabe für beeinträchtigte Menschen müsse verbessert werden. Sie trete für „faire Löhne“, „gute Renten“ und „Klimaschutz, der für alle bezahlbar ist“, ein.
Da jeder Mensch anders sei, funktioniere eine Schule für alle nicht, vertrat FDP-Mann Hocker einen konträren Standpunkt. Auch bei der Wahl des bevorzugten Verkehrsmittels komme es darauf an, ob man im großstädtischen Raum mit gut ausgebautem ÖPNV oder auf dem Land wohne, wo es ohne Auto kaum gehe.
Behrens hielt dagegen gemeinsames Lernen für wichtig, um die Chancengleichheit im Leben zu erhöhen. Der Linke forderte, die Schulen für die Inklusion viel besser auszustatten. Reiche sollten zur Finanzierung derartiger Aufgaben herangezogen werden.
Wie sein Vorredner sprach sich auch Mattfeldt für mehr Arbeitsplätze für Behinderte aus. Ebenfalls vonnöten seien gut ausgestattete Förderschulen. „Aber dafür brauchen wir gut laufende Unternehmen, die Steuern zahlen, um das alles finanzieren zu können“, betonte der Christdemokrat.
„Wie konnte die CDU mit der AfD stimmen?“, fragte ein Mann aus dem Publikum mit Blick auf die Vorgänge im Bundestag vergangene Woche. Viele Leute seien aufgrund der jüngsten Anschläge beunruhigt und verlangten, die Migration zu begrenzen, antwortete Mattfeldt. Deshalb habe die Union überlegt, was für die innere Sicherheit zu tun. „Wir wollen ja nicht, dass die AfD noch stärker wird“, schob er hinterher.
„Wer möchte, dass die AfD nicht groß wird, darf ihr nicht hinterher rennen“, konterte Kadah. Die demokratischen Parteien sollten zusammenarbeiten, ergänzte Gumnior.
AfD-Vertreter würden zwar Probleme benennen, hätten jedoch keine Lösungen parat, sagte Hocker. Viele machten sich große Sorgen, wie mit Minderheiten umgegangen werde, äußerte Behrens und fügte unter großem Applaus hinzu: „Dass CDU/CSU und Teile der FDP mit der AfD gestimmt haben, war ungeheuerlich.“
Bei der Podiumsdiskussion ging es lebhaft zur Sache. Aber der Umgangston blieb jederzeit friedlich und fair.
Kreisbehindertenbeauftragter Alfons Adam, der mit im Saal saß, kritisierte die Politik unterschiedlicher Couleur. „Die Regierungen der vergangenen Jahre haben die Inklusion nicht vorangetrieben“, stellte er fest. Adam sprach deshalb von einer „Barriere in den Politikerköpfen“.
Jemand anders aus dem Plenum meinte: „Es wird Zeit, dass wir in den Werkstätten endlich den Mindestlohn bekommen!“ Eine Forderung, die in den politischen Lagern unterschiedlich bewertet wurde.
Die Protagonisten von SPD, Grünen und Linkspartei befürworteten zumindest, dass Arbeitnehmer mit Handicap besser bezahlt werden als derzeit. „Ich kann das Ziel nur unterstützen, dass ihnen mehr Geld zur Verfügung steht“, sagte Özge Kadah. Ähnlich, aber etwas konkreter äußerte sich Lena Gumnior dazu. „Es sollte Geld für ein selbstbestimmtes Leben übrig bleiben, etwa für Kino und andere Freizeitaktivitäten“, erklärte sie. Noch deutlicher positionierte sich Herbert Behrens: „Egal welche Qualifikation jemand hat – die Bezahlung sollte nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegen“, verlangte er.
Die Bundestagsabgeordneten und -kandidaten von CDU und FDP gaben dagegen zu bedenken, dass die Beschäftigten in Werkstätten anders als die im ersten Arbeitsmarkt Tätigen keine teuren Mieten oder Fahrtkosten zahlen müssten. Darüber hinaus sei dort der Aufwand größer, weil es zum Beispiel nicht ohne Kräfte für Assistenz gehe. „Das trägt alles dazu bei, dass die Produktivität in Werkstätten weitaus geringer ist“, erläuterte Gero Hocker. Andreas Mattfeldt pflichtete ihm bei und mahnte: „Bei höherer Bezahlung könnten Aufträge für Werkstätten wegbrechen.“
MICHAEL MIX
VAZ 07.02.2025