Die Kunden müssen selbst entscheiden dürfen, wieviel E-Mobilität zu ihrer Lebenslage passt – Gemeinsamer Unternehmensbesuch mit Landtagsfraktions-Chef Sebastian Lechner
Mittendrin statt nur dabei: Der Geschäftsführer des gut aufgestellten BMW-Autohauses Brinkmann in Grasberg hatte im Ausstellungsraum für seine Gäste aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik Platz zwischen den glänzenden Neuwagen geschaffen. Das machte es leicht, bei meinem Besuch mit dem CDU-Landesvorsitzenden und Fraktionschef im Niedersächsischen Landtag, Sebastian Lechner, schnell zum wichtigen Thema zu kommen: Gerade die regionalen Autohäuser, die sich den ändernden Anforderungen des Marktes und der Hersteller anpassen wollen, leiden unter massiven bürokratischen Auflagen der Ordnungs- und Baubehörden sowie unter den heftigen Folgen vergangener bundespolitischer Entscheidungen in Kaufverhalten und Markt.
Der Fokus der Öffentlichkeit, aber auch der Politik, ist immer nur gerichtet auf die Fahrzeugproduktion in Deutschland, aber nicht auf die, die diese politischen Entscheidungen in der Praxis umsetzen müssen, habe ich zu bedenken gegeben. Die Entscheidungen in Berlin und Brüssel greifen massiv in die Ertragslage unserer Autohäuser und natürlich in den gesamten After Sales-Bereich ein. Wenn die Politik die Industrie zu immer mehr Elektromobilität zwingt, dann brechen in der Folge bei den Autohäusern in den Bereichen Service und Wartung die Umsätze weg, kann ich als Unternehmer und Haushaltspolitiker gut nachvollziehen.
Für Landtags-Fraktionschef Sebastian Lechner ist die Fahrzeugbranche Leib- und Magenthema. „Zwei Drittel aller Industrie-Arbeitsplätze in Niedersachsen hängen direkt oder indirekt an der Automobilindustrie. Wir durchleiden gerade die erheblichen Folgen der strategisch weniger klugen Entscheidung der Konzernführung in Wolfsburg für den Arbeitsmarkt und die betroffenen Unternehmen, so der CDU-Landesvorsitzende. „Da haben die Münchener eine wesentlich klügere Strategie gewählt.“ Und ergänzte mit Blick auf mich als seinen Bundestagskollegen: „Nach der Wahl geht auch für diese Branche unsere politische Arbeit erst richtig los. Aber ich bin überzeugt davon, dass Andreas Mattfeldts Wort dabei erhebliches Gewicht haben wird. Das hat er in den letzten Monaten bei der Rettung der Meyer-Werft und der vielen Tausend Arbeitsplätze bewiesen. Ohne ihn, wäre das so nicht möglich gewesen.“
Geschäftsführer Warncke und Senior-Chefin Johanne Brinkmann gingen detaillierter auf die Entwicklungen ein: „Bevor die Förderung für E-Autos im Handstreich durch die Ampel gestrichen worden ist, haben wir einen Verkaufsanteil von 25 Prozent reine Elektrofahrzeuge gehabt. Dazu kamen noch die 16 Prozent Hybrid-Fahrzeuge, die nicht gefördert worden seien“, so Brinkmann. Nach dem Wegfall der Förderung sei der Anteil der verkauften Elektroautos Anfang des Jahres gegen Null gegangen. Die Kundschaft sei völlig verunsichert gewesen.
„Wir sind sehr froh, dass sich BMW bereits 2017 entscheiden hatte, anders als die Hersteller in Stuttgart oder Wolfsburg, alle Antriebsarten parallel weiterzuentwickeln. Schließlich müssen die Kunden entscheiden, welcher Motor am besten zu ihren Fahrgewohnheiten passt und ob sie zu Hause oder am Arbeitsplatz bereits die Voraussetzungen für volle E-Mobilität haben“, so Brinkmann weiter. Wichtig sei auch: Die Kunden brauchen Zeit, um sich auf die neue Technologie umzustellen.
Dennoch habe der hohe Anteil im Verkauf an Elektrofahrzeugen erhebliche Investitionen im After Sales-Bereich nötig gemacht – auch ohne anfangs viel verkauft zu haben. „Wir sind solide aufgestellt und investieren regelmäßig in unseren Betrieb und für neue Herstellervorgaben. Aber das können bei weitem nicht alle Autohäuser im Bundesgebiet stemmen, so Geschäftsführer Warncke. „Allein von Abschreibungen kann man halt auch nicht dauerhaft leben, wenn der Verkauf wegen immer wechselnder politischer Rahmenbedingungen einbricht.“
Die Weitsicht unseres Grasberger Unternehmen empfinde ich als vorbildlich: Das Thema E-Mobilität wird nicht mehr weggehen und immer effizientere Lösungen bieten. Da kommen nach dem heutigen Stand Wasserstoff-Antriebe und Brennstoffzellen im PKW-Bereich nicht mit. Das muss sich auch auf die Vergabe der Fördermittel aus dem Energie- und Klimafonds der Bundesregierung auswirken, für die ich als Haushaltspolitiker verantwortlich zeichne. Bei allem Ernst der Lage habe ich schmunzelnd auch einen Blick zurück gewagt: Nur wenige erinnern sich daran, dass schon Kaiser Wilhelm gerne elektrisch fuhr. Schon die E-Autos von damals waren leise und stanken nicht so, wie die „Benzin-Kutschen“.
Die Branche braucht klare politische Orientierungspunkte aus Berlin und Brüssel, war ich mir mit Sebastian Lechner einig. Wir haben die Anregungen von Warncke gerne aufgenommen: Die absurden Auswirkungen von Flottengrenzen, die am grünen Tisch festgelegt wurden, müssen ein Ende haben. Das Verbrenner-Verbot muss einer technologieoffenen Lösung weichen und der stete Zwang der Menschen durch die EU muss aufhören.
Gleichzeitig haben wir versprochen, uns dafür einzusetzen, dass der Entscheidungsspielraum auf kommunaler Ebene wieder größer werden muss. Dazu müssen wir die Regelungen für die Staatshaftung ändern, damit die Behördenmitarbeiter ihren Entscheidungsspielraum zugunsten der Unternehmen besser nutzen können und gleichzeitig rechtssicher sind. Das hat letztlich auch Auswirkungen auf die praktische Rechtsfortschreibung durch Gerichte. Das ist nicht ihre Aufgabe, sondern die der Politik. Auch das ist eine Riesenaufgabe, die auf der Grundlage des Grundgesetzes dringend angegangen werden muss.