Fracking-Gesetz soll noch im März kommen – und erregt jetzt schon die Gemüter

10. März 2015
Pressespiegel

VON NORBERT HOLST
Berlin. Das lange Zeit umstrittene Fracking-Gesetz soll nun am 25. März im Kabinett auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. Doch ob das Vorhaben nach jahrelangem Streit und mehreren gescheiterten Anläufen dann schnell über die Bühne geht, scheint eher unwahrscheinlich: Wichtige Fragen sind noch umstritten, Lobbyisten machen Druck – und auch zwischen den Koalitionären von Union und SPD gibt es noch Gesprächsbedarf.

Nach den Plänen von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) soll Fracking von Gas aus unkonventionellen Quellen – beispielsweise in Schiefer- und Kohlflözgestein – oberhalb von 3000 Metern verboten werden. Allerdings soll es möglich sein, Bohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken auch oberhalb dieser Grenze durchzuführen, um Daten über die Auswirkungen auf die Umwelt zu sammeln. Geplant ist zudem ab 2018 die Einrichtung einer Expertenkommission, die die Daten bewerten soll. Kritiker sehen in der Kommission ein mögliches Schlupfloch, das dem Fracking die Tür öffnen könnte.

Besonders in den Landkreisen Verden und Rotenburg wird die hitzige Debatte mit großem Interesse verfolgt. Im Gebiet zwischen Langwedel und Völkersen wackelte Ende 2012 die Erde, in Bothel wurde 2014 eine auffallend hohe Krebsrate bei Menschen festgestellt. Fracking-Kritiker stellen in beiden Fällen eine Verbindung zur Erdgasförderung her.

Der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG) warnt indes vor zu starken staatlichen Reglementierungen. Man könne es sich nicht leisten, Forschung und Entwicklung zu blockieren, sagte der Vorsitzende Gernot Kalkoffen am Montag in Berlin. Es gehe um den Erhalt von rund 20 000 Arbeitsplätzen und darum, eine Basis für Auslandsgeschäfte präsentieren zu können. „Deutschland hat eine riesige Chance.“ So gebe es hierzulande zehn Mal mehr Reserven an Erdgas in Schiefer- und Kohlflözgestein als in konventionellen Lagerstätten. Kalkoffen: „Es stellt sich die Frage, ob Deutschland in Zeiten zunehmender Import-Abhängigkeit eigene Energien fördern will.“ Seit vier Jahren herrsche durch die Diskussion um Fracking quasi ein Stillstand, Investitionen in Höhe von rund einer Milliarde Euro lägen auf Eis.

Strittig sind vor allem drei Punkte: Soll Fracking überhaupt erlaubt werden? Wenn ja, in welchem Umfang soll es dann ein Fracking-Verbot in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Naturschutzgebieten geben? Bislang sind rund 20 Prozent der Fläche Deutschlands als Ausschlussgebiete vorgesehen. Hart gerungen wird auch um die Rückverpressung von Lagerstättenwasser, das Umweltschützer als potenzielle Gefährdung für das Grundwasser ansehen.

Auch die SPD-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen im Bundestag sieht noch Gesprächsbedarf. „Wir sind froh, dass endlich etwas passiert“, sagt zwar der Vorsitzende Jens Klingbeil, Abgeordneter aus dem Wahlkreis Soltau-Rotenburg. So wollen die Sozialdemokraten keine Probebohrungen im Schiefergestein zulassen, und bei der Verpressung des Lagerstättenwassers wollen sie auf umweltfreundliche Methoden drängen.

Einen „Riesenschritt weitergekommen“ sei man in der Union, berichtet Andreas Mattfeldt, Bundestagsabgeordneter aus Langwedel. Eine Arbeitsgruppe der Union habe von 13 offenen Punkte bis auf zwei alle „abgeräumt“, sagt der CDU-Politiker. Mattfeldt macht sich unter anderem dafür stark, das Verpressen von Lagerstättenwasser möglichst zu verbieten – und steht damit im Widerspruch zur Linie von Wirtschaftsminister Gabriel.

Herbert Behrens, Parlamentarier der Linken aus Osterholz-Scharmbeck, hält Fracking für eine „Hochrisiko-Technologie“. Gefahren und Aufwand stünden in keinem Verhältnis des geringen Anteils, den deutsches Erdgas an der Energieversorgung habe. Seine Kritik am Gesetz: „Nach außen hin schränkt es das Fracking ein, doch in Wirklichkeit bleibt alles beim Alten.“ Ginge es nach den Linken, sollte Fracking generell verboten werden.

Das sehen Fracking-Gegner und Umweltschützer auch so. Sie wollen sich mit einer bundesweiten Aktionswoche ab dem 16. März für ein Verbot der umstrittenen Methode einsetzen. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hat dazu aufgerufen, sich mit dezentralen Aktionen daran zu beteiligen.

aus Verdener Nachrichten vom 10.03.2015